Ich befinde mich wieder auf der dunklen Gasse und verstehe, ich muss wieder zurück. So. Ich finde dieses Haus nicht. Ich verstehe einfach diese Adresse nicht. Nummer 23. Ich hatte sogar zweimal gefragt, welche Nummer es war. Tor 23. Dann geradeaus. Links und rechts mehrere Türen. Große schöne Türe aus Holz. Bei ganz wenig Licht versuche ich die Nummer 9 zu finden, das dritte Mal. Ich fühle mich komisch hier. Es ist so ruhig. Der Boden ist nass von dem Regen. Man hört kein Geräusch außer einem konstanten Rauschen von Autos in der Ferne. Ich sehe eine Bank und möchte mich dort hinsetzen. Muss sicher nass sein, aber egal. Ich setze mich und fange an nachzudenken, was ich tun soll. Also die Tür 2 und 3 sind da. Fehlt also die Tür Nummer 1. Noch komischer, aber egal. Ich muss doch nicht mich auf die Fehler irgendeines Ingenieurs konzentrieren, ich möchte nur die Tür Nummer 9 finden. 4 und 5 sind auch noch zu sehen. Aber die 6 und 7 sind in einem kleineren Seitenhof, sowie 8. Also die Tür 9 müsste auch dort sein, aber nein. Der Architekt wollte es kompliziert machen. Muss unbedingt eine Frau gewesen sein, die dieses Gebäude geplant hat. Ach, ich kann es nicht mehr aushalten hier zu sitzen. Es wird langsam zu kalt, und hier werde ich sicher nichts finden. Los. Gerade aus und rechts. Dann wieder zurück. Dann links. Dann zurück. Dann bis zum anderen Tor. Tür 12, 13, 14, 16. Ha! Tür 15 fehlt auch noch. Hm. Verstehe es echt nicht. Ich bin plötzlich nicht mehr ruhig, sondern sage es auch: „Ich kapiere es nicht. Wo ist sie, verdammt.“ Und dann plötzlich höre ich jemand. „Was suchen Sie denn?“ Na endlich! Dachte schon, niemand wohnt hier. Es ist ein Junge, muss ungefähr 14 sein. Ich antworte so höflich wie möglich und versuche meine Frustration zu verstecken. Er schaut um sich herum und sagt nur „’Tschuldigung, weiß selber auch nicht!“ Wie erwartet. Niemand kennt in so einer Großstadt seine Nachbarn, wieso sollte denn so ein Teenager überhaupt die Tür Nummern auswendig können. Doch, wenn er wie normale Kinder draußen spielen würde, schon! Aber ja... die Jugend von heute verbringt die Zeit meistens vor dem PC, also kann ein Junge, der hier seit 14 Jahren wohnt, gar nicht wissen, wo sich die Türnummer 9 befindet. Typisch. Auch eine Art Zivilisationskrankheit. Obwohl man so viel über die Welt weiß, weiß keiner über seinen Bezirk oder die Nachbarschaft wirklich was. Spreche auch von mir. Ich kenne übrigens in meiner Nähe nur den Hofer und die Apotheke, sonst nicht viel. Aber ich wohne zumindest nicht seit lange hier. Es fängt wieder an zu regnen. Auch typisch. Ich will mich umdrehen und nach Hause gehen, aber es regnet plötzlich so stark, dass ich mich irgendwo unterstellen muss. Ich bleibe neben einem kleinen Tor aus Metall stehen, nur damit ich meinen Regenschirm aufmachen kann. Schließlich sehe ich ganz groß vor mir eine handgemalte Nummer 9 an der Wand. Ich bin erstaunt und nass. Freue mich aber wie ein Kind über diese Entdeckung.
Juni 2008
Mariana Agria
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