13 December, 2009

Jugend in einer österreichischen Stadt - Erzählung

Die Zeit der Andeutungen ist zu Ende. Man spricht vor ihnen (den Kindern) von Genickschüssen, vom Hängen, Liquidieren, Sprengen, und was sie nicht hören und sehen, riechen sie, wie sie die Toten von St. Ruprecht riechen, die man nicht ausgraben kann, weil das Kino darübergefallen ist, in das sie heimlich gegangen sind, um die `Romanze in Moll´ zu sehen. Jugendliche waren nicht zugelassen, aber dann waren sie es doch, zu dem großen Sterben und Morden ein paar Tage später und alle Tage danach.
Es ist nie mehr Licht im Haus. Kein Glas im Fenster. Keine Tür in der Angel. Niemand rührt sich und niemand erhebt sich.

Ingeborg Bachmann: Jugend in einer österreichischen Stadt. 1996 München: Taschenbuch S.14.

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